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Gendern und Gesellschaft

Zwei Geschlechter: Biologie versus Political Correctness

Veröffentlicht am 5. 2. 2024, aktualisiert am 12. 2. 2024.

Am 25.11.2023 spielte der Bundesliga-Verein Bayer 04 Leverkusen auswärts bei Werder Bremen. Die Bayer-Fans hatten dazu ein Spruchband mitgebracht, das für Aufregung sorgte. „Es gibt viele Musikrichtungen, aber nur 2 Geschlechter“ war darauf zu lesen. Das Sportgericht des DFB verurteilte daraufhin den Verein zu einer Geldstrafe von 18 000 Euro, die der Verein widerspruchslos akzeptierte. Damit war das Urteil rechtskräftig. Die Fans von Dynamo Dresden haben inzwischen mit ihrer Banner-Antwort nachgezogen.

Warum bringe ich hier diese Beispiele. Eigentlich wollte ich mich auf diesen Seiten nur zum Sprachgendern äußern, aber als Biologe MUSS ich zu dem Thema biologisches Geschlecht etwas sagen.

Die Frage nach der Anzahl der Geschlechter ist neu und doch nicht neu. Neu insofern, dass in den Zeiten, als es die Gender-Bewegung noch nicht gab, ein wissenschaftlicher Konsens darüber bestand, dass es zwei, und nur zwei Geschlechter gibt. Auch die Gesellschaft war sich mit der Biologie darüber einig. Noch 1980 ging der Gesetzgeber von lediglich 2, in Worten: zwei Geschlechtern aus: „Die Vornamen einer Person sind auf ihren Antrag vom Gericht zu ändern, wenn (…) sie sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet (…)“ heißt es im Transsexuellengesetz vom 10.9.1980.

Wenn ich schon bei der Rechtsprechung bin: 2018 wurde durch Änderung des Personenstandsgesetzes (PStG) im Geburtenregister „divers“ als weitere Geschlechtsoption eingeführt für Menschen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen können oder wollen: „Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so kann der Personenstandsfall auch ohne eine solche Angabe oder mit der Angabe „divers“ in das Geburtenregister eingetragen werden“ (ebd. §22, 3).

Diese Option eines Formulareintrags wird inzwischen leider viel zu oft als „drittes“ Geschlecht bezeichnet. Auch wenn viele diesen griffigen Ausdruck lediglich aus Gründen der Praktikabilität verwenden, dürften andere ihn gezielt einsetzen und dabei bewusst darauf verzichten zu erklären, welcher Geschlechterbegriff (biologisch oder „sozial“) damit gemeint ist, vermutlich deshalb, weil sie wissen, dass die Mehrheit der Gesellschaft ‚Geschlecht‘ biologisch versteht.

Damit erreicht man auf bequeme Weise das Ziel, die Botschaft „mehrerer biologischer Geschlechter“ in die Gesellschaft zu senden, ohne diese Aussage in ihrer Absolutheit tatsächlich so getroffen zu haben, wobei die Deutsche Welle, immerhin eine Anstalt des öffentlichen Rechts, dem gefährlich nahekommt. Der Sender behauptet: „Dass die strikte Aufteilung in nur zwei Geschlechter nicht der Realität entspricht, ist keine neue Erkenntnis.“ So lässt sich, fast als Selbstläufer, eine woke Genderideologie effektiv in der Gesellschaft verbreiten, Resultat einer diffusen Geschlechterdefinition. Das Ergebnis sieht man hier.

Zurück in die 90er Jahre. 1990 schrieb die amerikanische Philosophin und Gender-Päpstin Judith Butler in ihrem Buch „Gender Trouble“ (Deutsch: „Das Unbehagen der Geschlechter“), dass „neben dem sozialen Geschlecht (engl. gender) auch das körperliche Geschlecht (sex) diskursiv geformt wird. Und zwar durch performative Sprechakte (…)“. „Dass die Natur somit Ergebnis kultureller Erkenntnisse sei, statt diesen vorausgehend“, so David Johann Lensing dazu auf seiner Webseite.

Ich bestreite nicht die verschiedenen Ausprägungen des neudeutschen „Gender“, des sog. sozialen Geschlechts, aber hier wird vom biologischen Geschlecht gesprochen, wie auch im Folgenden klar wird.

Das biologische Geschlecht als Ergebnis einer genetischen Ausstattung wurde zunehmend angezweifelt. Der Diplombiologe und jetzige Sexualwissenschaftler Heinz-Jürgen Voß behauptet: „Biologisches Geschlecht ist gemacht – und das in vielfältigen Ausformungen“. Und an anderer Stelle heißt es: „Heinz-Jürgen Voß (Dr. phil., Dipl. Biol.) forscht zur gesellschaftlichen Herstellung biologischen Geschlechts sowie mit den weiteren Schwerpunkten Queer theory und Queer politics. Seit etwa 1998 ist Heinzi in wechseln-den antirassistischen, antifaschistischen, seit 2000 auch in queer-feministischen Zusammenhängen politisch aktiv“ (Stand: 15.01.2022). Zu den Ansichten des Herrn Voß empfehle ich diesen Artikel.

Heute wird in LGBTIQ-Kreisen schon längst nicht mehr darüber diskutiert, ob es zwei oder mehr biologische Geschlechter gibt, nein, es geht nur noch darum, ob es mindestens 3, 20, 64 oder noch mehr sind. Es sei alles nur eine Frage der Definition des biologischen Geschlechts, heißt es im SWR. So, so. Seit es Menschen gibt, gibt es die Definition des biologischen Geschlechts, die auch heute noch für wahrscheinlich 99 % der Weltbevölkerung Gültigkeit hat. Nur die alles besser wissenden, in Teilen „woken“ Gesellschaften der westlichen Welt haben neuerdings eine Definition, die die „richtige“ ist und das Festhalten an der „falschen“ unter Strafe stellt. Ich dachte, dass wir das Jahr 1984 längst hinter uns gelassen hätten.

Heute gehört Mut dazu, zu behaupten, es gäbe nur zwei Geschlechter, wie es die Biologin Marie-Luise Vollbrecht in einem Vortrag dazu an der Berliner Humboldt-Universität (HU) darzustellen versuchte. Der Vortrag wurde zunächst nach heftigen Protesten von Studenten der Universität abgesagt. Frau Vollbrecht verbreite transphobe Ansichten, lautete der Vorwurf. Sie hatte sich zuvor zusammen mit anderen Autoren in einem „Welt“-Artikel mit dem Titel „Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren“ kritisch geäußert.

Vollbrecht legte darauf Beschwerde beim Berliner Verwaltungsgericht ein, das in seinem Urteil der Universität verbot, weiterhin die Aussage zu verbreiten, Frau Vollbrecht vertrete Meinungen, „die nicht im Einklang mit dem Leitbild der Universität und den von ihr vertretenen Werten stünden.“ Der Vortrag konnte daraufhin zwei Wochen später an der HU nachgeholt werden.

Und jetzt diese Strafe für ein Banner, das nichts als den Stand der (seriösen) Wissenschaft wiedergibt. Insofern ist der Streit um die Anzahl der Geschlechter auch wiederum nicht neu.

Vergegenwärtigen wir uns doch die Funktion biologischer Geschlechter in der Biologie. Sie dienen nicht (nur) der Fortpflanzung per se, die würde auch asexuell ablaufen können, wie sie viele niedere Organismen (z.B. Bakterien, Hefen) praktizieren, aber auch durch vegetative Vermehrung vieler Pflanzen und einiger Tiere möglich ist. Im Gegensatz dazu ist der Vorteil sexueller Fortpflanzung der Austausch und die Neukombination genetischer Information auf Ebene der DNA. Diese Möglichkeit des Genaustauschs hat die Evolution höherer Organismen erst möglich gemacht.

Sexuelle Fortpflanzung gibt es bei allen höheren Organismen. Das Minimum, was es dafür braucht, sind zwei Geschlechter. Mehr als zwei wären unnötig und daher unökonomisch, sie brächten keinen zusätzlichen Gewinn, also keine verbesserte Möglichkeit, neue Genkombinationen zu erzeugen. Deshalb haben sich in allen Tier- oder Pflanzenarten zwei und nur zwei Geschlechter herausgebildet. Nirgendwo gibt es drei oder mehr. Ein sogenanntes drittes und ein beliebiges weiteres könnten zusammen auch keine Nachkommen zeugen oder austragen, sie hätten keinen biologischen Sinn.

Bisweilen wird das Auftreten von Zwitterformen, z.B. bei Schnecken, als Argument gegen eine bipolare Geschlechterverteilung angeführt. Es beweist aber genau das Gegenteil: Auch hier treten zwei, und wiederum nur zwei Geschlechter auf. Zwischenformen, sofern sie sich bilden, würden die Reproduktionsmöglichkeit der betreffenden Individuen erheblich beeinträchtigen bis verhindern. Derartige Abweichungen von der Geschlechternorm führen daher in eine biologische Sackgasse und verschwinden somit.

Zwitterformen gibt es auch bei den meisten Blütenpflanzen. Die Blüten besitzen hier sowohl männliche (Staubgefäße mit Pollen) als auch weibliche Geschlechtsorgane (Fruchtknoten mit Samenanlagen und Narben). Es werden wiederum nur diese beiden Pole realisiert. Züchterisch lässt sich zwar ein breites Spektrum von Zwischenformen erzeugen (z.B. bei Rosen, wo Staubgefäße in Blütenblätter umgewandelt worden sind), aber diese Mutanten müssen meist vegetativ vermehrt werden und hätten in der realen Natur keine realistische Überlebenschance.

Bei manchen Eier legenden Reptilien wird die Geschlechtsausbildung nicht chromosomal, sondern durch einen externen Faktor, die Temperatur, gesteuert. Auch das ist kein Beweis gegen die Zweigeschlechtlichkeit. Bei diesen Tieren werden bei höheren Temperaturen während einer temperatursensitiven Phase bei einigen Arten Weibchen und bei niedrigeren Temperaturen Männchen gebildet, bei anderen Arten ist es umgekehrt. Auch den Fall, bei dem bei niedrigen und hohen Temperaturen Weibchen, bei mittleren Temperaturen Männchen entstehen, gibt es. Entscheidend ist auch hier die Bildung von nur zwei Geschlechtern.

Doch treten in der Natur auch Zwischenformen auf. Bei Säugetieren, z.B. dem Hausrind, kommt gelegentlich eine sogenannte Zwicke auf die Welt, ein steriles Kalb, das genetisch weiblich ist, aber männliche Züge aufweist. Das geschieht u. U. dann, wenn die Kuh mit Zwillingen trächtig war, die unterschiedliche biologische Geschlechter besaßen. Es wird vermutet, dass die vom männlichen Embryo freigesetzten Geschlechtshormone die Geschlechtsentwicklung des benachbarten genetisch weiblichen Embryos im Uterus beeinflusst haben. Auch bei anderen Säugern, z.B. der afrikanischen Fleckenhyäne, finden sich Zwischenformen, verbunden mit einem veränderten Sozialverhalten. Meist sind diese Formen jedoch mit Sterilität verbunden, sodass sich diese Formen nicht weitervermehren. Die Kombination und das funktionelle Zusammenspiel von weiblichem und männlichem Geschlecht allein ist es, das die Vermehrung der jeweiligen Art sichert.

Zurück zum Spruchband der Leverkusener Fans. Es ist völlig klar, dass die Leverkusener damit die Fans der gegnerischen Mannschaft und vielleicht auch deren Spieler ärgern wollten. Das ist sicher nicht die höflichste aller Umgangsformen, aber unter Fußballfans kann es schon einmal etwas derber zugehen, da hat man schon ganz andere Sprüche gelesen oder gehört. Aber der Inhalt des Spruchbandes ist deshalb nicht falsch, doch genau darum geht es. Transfeindlichkeit lautet der Vorwurf auch hier.

Die Behauptung, dass es nur zwei Geschlechter gibt, wird bereits als Diskriminierung verstanden. Doch warum bloß? Dass es Menschen gibt, deren Geschlechtsausbildung oder Geschlechtsidentität nicht der biologischen Norm entspricht, zweifelt niemand an. Dass diesen Menschen selbstverständlich der gleiche Respekt entgegengebracht werden muss wie allen anderen auch, bestreitet auch niemand, ich jedenfalls nicht. Und dass uns das Antidiskriminierungsgesetz (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG) dafür sensibilisiert hat, ist auch gut.

Was hier passiert, ist etwas anderes – die Norm wird neu definiert. Die Norm soll ein sogenanntes Geschlechter-Kontinuum zwischen den cis-Polen männlich und weiblich sein. Dieses Kontinuum ist aber in der gesamten Natur außer angeblich beim Menschen nicht oder allenfalls sporadisch auffindbar, weil es einen entscheidenden biologischen Nachteil darstellen würde. Diese selten auftretenden Varianten können sich deshalb nicht durchsetzen und verschwinden wieder.

Würde man beim Menschen die uneindeutigen geschlechtlichen Zwischenformen als Anomalien oder Fehlentwicklungen der Geschlechterausbildung bezeichnen (woran bei Tieren niemand Anstoß nehmen würde), käme man sofort mit dem Gesetz in Konflikt. Lieber verleiht man einem oder in letzter Konsequenz sogar jedem Punkt auf diesem Kontinuum einen vollwertigen Geschlechterstatus und erklärt ihn als Teil der Norm. Das ist zwar wissenschaftlich unhaltbar, aber wenigstens rechtlich nicht angreifbar. Das Gesetz definiert hier, was biologische Norm ist. Es kann also nicht sein, was nicht sein darf. Biologische Erkenntnisse dürfen nicht als solche genannt werden (vergleiche „Des Kaisers neue Kleider“) und werden als „Biologismus“ geschmäht. Für mich ist das ein durch Ideologie getrübter Blick auf die Biologie und eine Zensur ihrer Ergebnisse. Und liefert nur eines: Wasser auf die Mühlen der AfD.

Nur ist es so, dass die Biologie (sprich: die Natur) sich nicht darum schert, was menschengemachte Gesetze vorgeben. Die Natur kennt keine Moral. Sie wird an dem bipolaren Geschlechtersystem festhalten, ohne Zweifel. Denn nur dieses hat sich in der Evolution bewährt, Biologismus hin oder her.

Mir ist bewusst, dass ich nach diesen Zeilen das Risiko einer gesellschaftlichen Ächtung eingehe, auch wenn ich hier nochmals versichere, dass es mir fernliegt, Menschen zu diskriminieren. Aber ich bin der Meinung, dass biologische Gegebenheiten auch als solche benannt werden dürfen. Und dass das in keiner Weise eine Herabwürdigung der betreffenden Personen verstanden werden darf und auch nicht muss. Wahrheiten auszusprechen und gleichzeitig die Würde anderer nicht zu verletzen, ist kein Widerspruch, auch wenn es oft in der heutigen Gesellschaft so gesehen werden will.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Während in überregionalen Zeitungen (NZZ, FAZ, FR, SZ) bereits darüber berichtet wurde, hielten sich ÖRR-Sender bis zum 10.2. zu meiner Kenntnis zumindest in den Abendnachrichten mit einer Berichterstattung darüber auffallend zurück, wohl in der Hoffnung, das Geschlechter-Thema würde schon bald im Sande verlaufen. Hier scheut man wohl eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wohl wissend, wie weit über 90% der Bevölkerung über die Anzahl der Geschlechter denkt, man muss dazu nicht einmal bis drei zählen können. Das änderte sich, als keine „Geschlechter“-Banner mehr in den Stadien ausgerollt wurden. Jetzt konnte der ÖRR „gefahrlos“ die Stadion-Banner zeigen (a, b), denn auf denen wurde nur die Investorenfrage thematisiert. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Vor 460 Jahren wurde Galileo Galilei geboren. Sein von ihm propagiertes heliozentrisches Weltbild, in dem sich die Erde um die Sonne dreht, passte so gar nicht zu den Vorstellungen der damaligen Gesellschaft, vor allem nicht zu denen des herrschenden Klerus. Heute leben wir in einer anderen Zeit, aber die Denkmuster sind ähnlich. Sexualpädagogen und Sozialwissenschaftlern wird in Sachen biologischer Geschlechterentwicklung eine höhere Kompetenz zugesprochen als Biologen. Vielleicht verstehen ja Soziologen auch mehr vom Häuser-Bauen als Architekten. Leben wir, die wir uns heute als aufgeklärt betrachten, 400 Jahre nach Galileo wieder in einer Zeit, in der elitäre Teile der Gesellschaft vorgeben, was als wahr anzusehen ist?

Eine Verhaltensforscherin am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen beklagt: „Seit ein paar Jahren beobachte ich, dass wir alle eine Schere im Kopf haben. (…) Wenn auch in der Biologie einen Shistorm [sic] fürchten müsse, wer die Existenz biologischer Geschlechter voraussetzt, dann ist die Disziplin am Ende.

Dieser gefährlichen Entwicklung sollten wir größte Aufmerksamkeit entgegenbringen.

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