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Gender vor Deutsch?

Genus und Sexus

Veröffentlicht am 12. 12. 2021, aktualisiert am 27. 4. 2022.

Das Genus-System der Sprachen habe ich an anderer Stelle bereits angesprochen. An dieser Stelle möchte ich nochmals auf die spezifische Funktion der Genera im Deutschen eingehen. Genus (Plural Genera) bezeichnet das grammatikalische Geschlecht, während Sexus das biologische Geschlecht bezeichnet.

Bereits hier treten die ersten Missverständnisse auf, nämlich bei dem Begriff „Geschlecht“ in Kombination mit „grammatikalisch“. Die meisten Menschen, sofern sie keine Sprachwissenschaftler o.ä. sind, denken bei „grammatikalisches Geschlecht“ wahrscheinlich an das Geschlecht, das alle kennen, das biologische. Genus und Sexus sind aber nicht deckungsgleich.

Genus kommt aus dem Lateinischen und hat dort die Bedeutung „Art, Rasse“. Hätte man die Genera des Deutschen nicht als „männlich, weiblich, sächlich“ benannt, sondern als „a, b, c“, „1, 2, 0“ oder sonstwie, würden wir wahrscheinlich gar nicht um das generische Maskulinum streiten und die Aktivistin Luise F. Pusch würde nicht behaupten, Deutsch sei eine „Männersprache“, die nach Ansicht von Senta Trömel-Plötz in eine „Frauensprache“ umgewandelt werden müsse.

Ein maskulines Genus (man hätte auch Genus 1 sagen können) haben z.B. „der Tiger“ und „der Mond“, ein feminines (oder Genus 2) z.B. „die Giraffe“ und „die Sonne“ und ein Genus „neutrum“ (oder Genus 0) z.B. „das Land“ und „das Geschlecht“. Es gibt sogar Substantive mit mehr als einem Genus: „der/das Dschungel“ oder „der/die/das Joghurt“ oder „der/die/das Neugeborene“.

Dort, wo das Substantiv keinen Sexus hat (z.B. Sonne, Mond), ist eine Untersuchung der Genus/Sexus-Relation natürlich nicht möglich, daher ein Blick auf die Tiere, insbesondere den Menschen:

Der Hund (Genus maskulinum, Sexus unbestimmt),
die Katze (Genus femininum, Sexus unbestimmt),
der Mann (Genus maskulinum, Sexus männlich),
die Frau (Genus femininum, Sexus weiblich),
das Kind (Genus neutrum, Sexus unbestimmt),
das Mädchen (Genus neutrum, Sexus weiblich),
das Bübchen (Genus neutrum, Sexus männlich),
die Person (Genus femininum, Sexus unbestimmt),
der Gast (Genus maskulinum, Sexus unbestimmt),
der Mensch (Genus maskulinum, Sexus unbestimmt).

Peter Winnemöller hat die Konsequenz der Gleichsetzung von Genus und Sexus so zusammengefasst: „Wer mangels Bildung wirklich denkt, grammatikalisches und natürliches Geschlecht in jedem Falle gleichsetzen zu wollen, macht den Mond zu einem Macho und diskriminiert das Mädchen als Sache.

Substantive, die per se schon einen unbestimmen Sexus haben, wie z.B. Mensch, in eine gegenderte Form zu bringen („Menschinnen“, Anmerkung d. Verf.: unter dem angegebenen Link: https://vorlesungsverzeichnis.unibas.ch/de/semester-planung?id=257833 ist die Seite aktuell nicht erreichbar.), ergibt nun wirklich keinen Sinn, wird aber von Gender-Sprachaktivistinnen immer wieder versucht. Noch weniger sinnvoll ist es, Substantive zu gendern, die nicht nur einen unbestimmten Sexus besitzen, sondern überhaupt keinen besitzen („die Planetin“). Rational ist das nicht zu erklären.

Ebenso irrational ist das Gendern von „Mitglied“ (Genus: neutrum, Sexus: nicht vorhanden, ebenso wie „Haus“, „Fenster“ oder „Dach“) durch Susanne Schumann in der Zeitschrift „Brigitte“. Das Suffix (Endung) „er“ in „Mitglieder“ ist anscheinend bereits Grund genug zu glauben, ein verdächtiges generisches Maskulinum entdeckt zu haben – Heureka! In „Bindeglieder“ steckt dann ganz sicher auch eines. Dann doch gleich: In der Straße stehen viele Häuser:innen mit großen Fenster:innen aber undichten Dächer:innen und tropfenden Dachrinnen.

Interessant ist die gegenderte Form von Mensch („Menschin[nen]“) oder Mitglied („Mitglieder:innen“) dennoch. Mit der gleichen Begründung (unbestimmter Sexus) könnte man auch „Kind“ gendern („Kindin“) oder „Person“ („Personin“). Aber warum tut man es hier nicht, wohl aber z.B. bei „Gast“ („Gästin“)? Sie ahnen es nach obigen Beispielen bereits.

Es ist nicht nur der Artikel „der“ („der“ Mensch), sondern vielmehr sein „böser“ Kern, das Suffix „er“.

Spätestens hier geht die Argumentation der Gender-Aktivisten von rational über in emotional.

Trotzdem möchte ich zur Genus-Sexus-Beziehung hier auch eine Gegenstimme zu Wort kommen lassen. Die Sprachwissenschaftlerin Damaris Nübling verneint die Unabhängigkeit zwischen linguistischem Genus und biologischem Sexus und führt u.a. folgendes Beispiel an: Die meisten Menschen würden es so sehen, dass zwar eine Giraffe trächtig sein kann, nicht aber ein Löwe, für diese biologische Funktion muss die Form „Löwin“ herhalten. Ein „Löwe“ wird daher als männlich verstanden. Klingt plausibel, und ich widerspreche nicht. Nur möchte ich Frau Nübling entgegenhalten, was sich wohl die meisten Menschen, und sicher auch Frau Nübling selbst, unter einem Huhn vorstellen. Ich wette, dass es das Eier-legende Huhn ist, also die „Henne“ und nicht der „Hahn“, obwohl doch beide Hühner sind.

Was also sagen diese Genus-Sexus-Relationen im Fall ihres Auftretens aus? Im Wesentlichen spiegeln diese Begrifflichkeiten die historischen Sichtweisen auf die Funktionen und Rollen der Geschlechter wider. „Der“ Junge war linguistisch von Geburt an männlich, „das“ Mädchen linguistisch aber noch nicht weiblich. Erst nach der Geschlechtsreife, spätestens der Mutterschaft, wird „es“ zur „sie“. Es gibt genügend derartige Beispiele, doch was beweisen sie? Die Abhängigkeit der Geschlechterrollen von der historischen Sprachentwicklung? Dann wären Frauen in Ländern ohne Genus-Sprache längst am Ziel.

Wer ernsthaft glaubt, das Rollenverständnis von Frauen in der heutigen Gesellschaft dadurch ändern zu können, indem er auch sprachlich permanent auf den weiblichen Sexus hinweist, der sollte „dem“ Mädchen bereits im Mutterleib das weibliche Genus „die“ zuweisen. Da „die Mädchen“ aber bereits für die Pluralform reserviert ist, wie wäre es mit „die Junge“ (als Pendant zu „der Junge“)? Warum ist eigentlich noch niemand darauf gekommen. Das Wort „mädchenhaft“ müssten wir jedoch dann aus unserem Wortschatz streichen, zu dumm nur, dass „jungenhaft“ dafür ein schlechter Ersatz wäre.

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