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Gendern und Gesellschaft

Gender-Lust und Herdentrieb

Veröffentlicht am 25. 10. 2023, aktualisiert am 17. 4. 2024.

Eine Pflicht zum Gendern besteht von Rechts wegen nur für Bundesbehörden. Es wäre zu verschmerzen, würde sich das Gendern nur auf diesen Verwaltungsbereich beschränken. Doch dem ist nicht so. Auch andere Institutionen gendern unübersehbar, obwohl dazu keinerlei rechtliche Verpflichtung besteht: Öffentliche Verwaltungen oder Kirchen tun es aus freien Stücken, Hochschulen schreiben es ihren Studenten und anderen Angestellten sogar faktisch vor. Auch die Privatwirtschaft ist auf den Zug aufgesprungen. Immer mehr machen mit, obwohl sie damit nur den Willen der Minderheit bedienen. Müssen tun sie es nicht, nein, sie wollen beim Gendern dabei sein.

Gender-Fahrradständer

Doch warum ist das so? Warum lässt z. B. eine Bäckerei auf einen Fahrradständer „Radler:innen welcome!“ aufdrucken? Umfragen haben doch durchgängig gezeigt, dass die Bevölkerung mehrheitlich gegen das Gendern ist. Zeigt das Verhalten der Bäckerei vielleicht ein typisch deutsches Phänomen? Ist es vielleicht ein inneres Verlangen von uns Deutschen nach Obrigkeitshöhrigheit, Unterordnung? Liebt der „Deutsche Michel“ die Folgsamkeit? Wir halten uns offenbar gerne freiwillig an Gesetze, auch wenn es diese Gesetze gar nicht gibt. Wir bleiben auch gerne an einer Fußgängerampel bei Rot stehen, selbst wenn es nachts um drei ist und kein Auto weit und breit zu sehen ist. Und wir bestehen selbstverständlich auch auf unserem Vorfahrtsrecht im Straßenverkehr und zeigen denen, die uns das streitig machen wollen, gerne schon mal laut hupend den Vogel. Wir glauben, mündige Bürger zu sein, wollen aber doch am liebsten im täglichen Leben an die Hand genommen werden und zeigen auch anderen, wo es lang zu gehen hat.

Auch gegenseitiges Belehren scheint zu unseren nationalen Charakterzügen zu gehören, schlimmer noch, wir zeigen unsere Mitmenschen auch schon mal an, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. In Freiburg beispielweise gibt es eine Person, angestellt bei der Stadt, die sich privat und in ihrer Freizeit zum Ziel gesetzt hat, Falschparker anzuzeigen: Zu geringer Abstand zur Kreuzung, Parken auf dem Feuerwehrstreifen, Parken mit einem Rad auf dem Gehweg – der Blockwart zückt sein Handy, das Beweisfoto ist schnell gemacht und die Anzeige nimmt ihren Lauf. Alles im Sinne der Verkehrssicherheit selbstverständlich. Ich mag mich irren, kann mir aber nur schwer vorstellen, dass sich Franzosen oder Italiener für so etwas hergeben würden. Schweizer vielleicht schon, aber die sind auch beim Gendern sehr geflissentlich.

Trotzdem bleibt die Frage: Warum machen so viele mit? Ist es Gewöhnung, Desinteresse, Bequemlichkeit, taktisches Kalkül oder doch Überzeugung, verbunden mit einem wohligen Überlegenheitsgefühl?

Den Gewöhnungseffekt sollte man nicht unterschätzen. Erst kürzlich habe ich mich selbst dabei ertappt, wie mir unbeabsichtigt eine Paarnennung („Schülerinnen und Schüler“) herausgerutscht ist. Ich habe mich sofort korrigiert, aber war doch über mich selbst erschrocken. Mitmenschen, die sich weniger gegen das Gendern auflehnen als ich, dürfte dies noch häufiger passieren, sie nehmen es möglicherweise selbst gar nicht mehr wahr. Damit verstärkt sich nicht nur der eigene Gewöhnungseffekt, sondern auch der auf andere – und so weiter.

Auch Desinteresse oder Bequemlichkeit können die Gendersprache fördern. Wer dem Gewöhnungseffekt aus Desinteresse nichts entgegensetzt, trägt zur weiteren Etablierung der Gendersprache bei. Dabei steht nicht infrage, dass es Wichtigeres als die Gendersprache gibt, aber es spricht auch nichts dagegen, gesellschaftliche Entwicklungen nachrangiger Wichtigkeit ernst zu nehmen. Wer sich über gegenderte Post ärgert, aber aus Bequemlichkeit darauf nicht reagiert, indem er den Absender bittet, auf gegenderte Ausdrucksweise bitte zu verzichten, wird weiter gegenderte Post bekommen und sich weiter darüber ärgern. Entsprechendes gilt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Eine einzelne, aus Bequemlichkeit nicht geschriebene E-Mail an Senderverantwortliche, in denen das Missfallen am Gendern ausgedrückt wird, wird natürlich nichts bewirken, eine, oder besser viele geschriebene Mails hingegen schon. Zur Zeit gibt es viele Initiativen (in Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen), die zum Ziel haben, die Gendersprache in öffentlichen Verwaltungen, Schulen und Hochschulen gesetzlich einzuschränken. Wer daran kein Interesse hat oder aus Bequemlichkeit die demokratische Möglichkeit seiner Stimmabgabe nicht nutzt, wird sich nicht über Entwicklungen beklagen dürfen, die er zu verhindern hätte mithelfen können.

Vielleicht ist es auch ein „Sich-gut-verkaufen-wollen“, geleitet von dem Wunsch, ein positives Image in der Öffentlichkeit zu besitzen, womit es nichts weiter als eine wohlkalkulierte, strategische Maßnahme wäre. Diese hätte zweifelsohne die beabsichtigte Außenwirkung und schlösse auch das Risiko aus, als vermeintlicher Verweigerer von Frauenrechten gebrandmarkt zu werden. „In den Behörden und Unternehmen herrscht ein Klima der Angst, vermeintlich genderunsensibel zu sein“ ist auf Seite 24 der VdS-„Sprachnachrichten“-Ausgabe 101 (I/2024) dazu zu lesen. Folglich hechelt man lieber als Opportunist dem Zeitgeist hinterher und ist so, wenn schon nicht in guter, doch immerhin in großer Gesellschaft.

Bleiben noch die Überzeugungstäter. Wer den Darstellungen der Vertreter der Genderlinguistik glaubt, dass Genderstudien beweisen würden, dass uns das generische Maskulinum hauptsächlich an Männer denken lässt, hat die Studien entweder selbst nie gelesen oder möchte sein eigenes Weltbild nicht einstürzen sehen. Vor allem stellt er gefühlte Wahrheiten über wissenschaftliche Ergebnisse, die eigene, angeblich bessere Moral über nachprüfbare Fakten und das wohlige Gefühl des eigenen Gutmenschendaseins über die analytische Kraft des Intellekts. Soll er es tun, meine Missbilligung sei mit ihm. Intelligenten Menschen sollte sich das Gendern von selbst verbieten.

Es ist vermutlich von allem etwas, was die Gendersprache am Leben erhält, aber unterbewusst ist es wohl hauptsächlich der Herdentrieb. Es ist einfach schöner, im Strom der Gutmenschen mit zu schwimmen, die sich täglich ihres moralisch richtigen Handelns versichern und auf die Nicht-Genderer mit religiöser Überzeugung abfällig herabzuschauen, seien diese auch die Mehrheit. Aber genau dieser Umstand, zu einer elitären Minderheit zu gehören, verstärkt eher noch das Gefühl göttlicher Auserwähltheit. Und erklärt den missionarischen Eifer, mit dem die „Ewig-Gestrigen“ auch gegen deren Willen endlich „bekehrt“ werden müssen.

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