Veröffentlicht am 12. 12. 2021, aktualisiert am 7. 6. 2024.
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) kommt in Deutschland eine besondere Bedeutung zu. Er hat neben anderen Aufträgen (z.B. Programmauftrag) einen Bildungsauftrag, der auf deutschland.de so nachzulesen ist:
„Zu den Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender gehört eine umfassende, vielfältige und objektive Berichterstattung über politische und gesellschaftliche Themen. Sie soll dazu beitragen, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger eine eigene Meinung zu den unterschiedlichsten Themen bilden können. Die Sender stellen eine Grundversorgung an Informationen für die Bevölkerung bereit und bleiben dabei politisch und wirtschaftlich unabhängig.“
Um seine politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gewähren, wird der ÖRR durch Rundfunkbeiträge finanziert.
In den 80er kamen die Privaten Sender zur deutschen Medienlandschaft dazu. Auch sie unterliegen wie der ÖRR dem Rundfunkstaatsvertrag, der alle Sender in Deutschland der „freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sowie der Meinungsvielfalt“ unterwirft.
Trotz starker Zunahme von Social Media-Plattformen ist bei den ÖRR die Zuschauerquote sehr hoch, wie weiter auf deutschland.de zu erfahren ist: „Bis heute gehören die Öffentlich-Rechtlichen zu den beliebtesten Sendern in Deutschland. Keine Nachrichtensendung in Deutschland hat so viele Zuschauer wie die täglich um 20 Uhr ausgestrahlte Tagesschau [sic] der ARD. 2019 sahen dort durchschnittlich 9,8 Millionen Menschen die Abendnachrichten. Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass die verlässlichen Informationen der öffentlich-rechtlichen Angebote besonders nachgefragt werden – sogar bei der jüngeren Zielgruppe. Die Glaubwürdigkeit der Sender wird hier in Umfragen mit knapp 70 Prozent besonders hoch eingeschätzt und liegt deutlich vor der Berichterstattung in Printmedien (42 Prozent), Privatrundfunk (23 Prozent) und vor allem Social Media (7 Prozent).“
Neben vielen anderen gesellschaftlichen Entwicklungen wird selbstverständlich auch das Gender-Thema seit Jahren im ÖRR behandelt. Dass sich dadurch auch die Kommunikation in Richtung Zuhörer oder Zuschauer verändert hat, ist nicht überraschend. Auch hier hat, wie in den öffentlichen Verwaltungen, Schulen und Hochschulen ein genderdominierter Sprachwandel stattgefunden. Wurde die sogenannte gender„sensible“ Sprache anfangs nur sporadisch und von wenigen Moderatoren verwendet, so ist in letzter Zeit doch eine Tendenz zum generellen Gebrauch diese Sprache zu erkennen. Dem generischen Maskulinum begegnet man auch hier mit immer größerem Argwohn.
Die früheren „Hörer“ sind jetzt „Hörerinnen und Hörer“, die „Zuschauer“ jetzt „Zuschauerinnen und Zuschauer“. Oder „Zuschauer[sprechpause]innen“ oder „Zuschauer*innen“, ganz nach den Vorlieben der Moderatoren. Die frühere Moderatorin der ZDF-heute-Sendung, Petra Gerster, schien die Sprechpausen-Variante zu bevorzugen, Herr Kleber, der Moderator des heute-Journals, sprach sogar das Gendersternchen aus. Und Anne Will von der ARD verblüffte, dabei selbstgefällig lächelnd, mit „Steuerzahlerinnenbund“ nicht nur den Präsidenten des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sondern auch all die vielen anderen, männlichen und weiblichen Steuerzahler, die diesem denkwürdigen Augenblick beiwohnen durften.
Ich möchte noch ein paar andere schöne Beispiele liefern:
Im Sender 3sat wurde ein Interview, bei dem die Interviewpartnerin ausschließlich das generische Maskulinum verwendete („Leser“, „Follower“ und „Designer“) und das auf Instagram veröffentlicht wurde, insofern verfälscht, als dass in den Untertiteln gegenderte Formen („Leserinnen“, „Followerinnen“ und „Designer*innen“) eingeblendet wurden. Der gesprochene, nicht-gegenderte Originaltext wurde in einen gegenderten Text umgeschrieben, entsprechend der Haltung: Wir wissen, wie es „richtig“ heißen muss. Das könnte man jetzt als Zensur bezeichnen oder als „alternative Fakten“ oder als „wohlmeinende“ Bevormundung. Auf jeden Fall ist es intellektuelle Überheblichkeit.
Bei der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten Biden wurden viele Reden auch ins Deutsche übersetzt. Wie selbstverständlich wurde dabei, aber nicht nur bei diesem Anlass, die weibliche Pluralform „dazuübersetzt“, z.B. „citizens“ in „Bürgerinnen und Bürger“. Wer den Originaltext nicht kennt oder nicht versteht, glaubt oder soll glauben, die ganze Welt würde gendern.
Herr Panajotis Gavrilis spricht im Deutschlandfunk von soundsovielen „Infektionsfällen pro 7 Tage und 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern“. Das ist aber jetzt doch wichtig und neu, dass einmal jemand darauf hinweist, dass auch die Frauen in die Berechnung eingehen. Immerhin gendert Herr Gavrilis konsequent. Würden alle Mit-Genderer diese Konsequenz zeigen, würde man die Ungereimtheiten und die fehlende Praxistauglichkeit des ganzen Unterfangens schnell erkennen.
Während manche Volksgruppen so gut wie nie gegendert werden („Palästinenser“), ist das bei anderen schon fast legendär („Uigurinnen und Uiguren“). Speziell diese Volksgruppe hat weiß Gott andere Sorgen, die sie auf eine gendergerechte Sprache „pfeifen“ lässt. Negativ besetzte Begriffe (z. B. „Lügner“, „Querdenker“, „Klimaleugner“) werden im Übrigen weitaus seltener gegendert als positiv besetzte („Heldinnen und Helden“, „Erzieherinnen und Erzieher“, „Ärztinnen und Ärzte“). Herrscht hier die Ansicht vor, die Wurzel allen Übels liege im Männlichen per se, oder sollen die Lügnerinnen, Querdenkerinnen und Klimaleugnerinnen doch nicht „mitgemeint“ sein und besser „unsichtbar“ bleiben?
Auch das generische Femininum wird immer häufiger, bewusst oder unbewusst, eingesetzt. Beispiele dafür habe ich an anderer Stelle schon genannt.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass man im Gegensatz zu den Inhalten von Rundfunk und Fernsehen die „Gender-Sprache“ im „normalen“ Leben selten hört oder spricht. Der ÖRR scheint dafür ein bevorzugtes Umfeld zu sein. Hier sind sie zahlreich und vor allem unter sich, die mit einem offenbar unerschütterlichen Selbst- und Sendungsbewusstsein, ggf. auch einigen Semestern „Genderforschung“ ausgestatteten Journalisten, die sich des Wissens um die große mediale Verbreitung ihrer Worte bewusst sind. Offenbar haben sie sich zu Aufgabe gemacht, durch tägliches Gender-Vorsprechen den sprachlich „zurückgebliebene“ Hörer oder Zuschauer ganz allmählich zum Gender-Nachplappern zu bewegen, ohne sich zu fragen oder es bewusst zu ignorieren, ob dieser die neue deutsche Gender-Sprache überhaupt hören oder lesen will. Mehr noch, obwohl diejenigen, die das Gendern ablehnen, klar in der Mehrheit sind, wie viele Umfragen zeigen, soll diese Mehrheit sich fühlen wie eine Minderheit, dafür wird täglich gesorgt.
Vielleicht tue ich den angesprochenen Journalisten und Moderatoren mit dieser Aussage aber auch unrecht. Vielleicht geschieht ihr Handeln gar nicht in erzieherischer Absicht, sondern im festen Glauben, das Richtige zu tun. Überzeugungen werden dann verstärkt, wenn man sich fast nur unter seinesgleichen, hier also in einer journalistisch-intellektuellen Blase befindet, in der man sich täglich gegenseitig seine eigene Weltsicht bestätigt, wie in einer Glaubensgemeinschaft. Das wiederum produziert dann einen nicht unerheblicher Anpassungsdruck, dem man sich schwer und nur unter Verlust von Anerkennung der eigenen Gruppe widersetzen kann. Schließlich will man ja auf der moralisch richtigen Seite stehen. Jana Pareigis, die Nachfolgering von Petra Gerster als Moderatorin der ZDF heute-Sendung hat in Sachen Gender ihr „Glaubensbekenntnis“ bereits abgelegt.
Ich möchte nicht missverstanden werden. Ich bin froh, in einem Land zu leben, in dem es öffentlich-rechtliche Sender gibt, aber mir drängt sich der Eindruck auf, dass hier der Bildungsauftrag mit einem Erziehungsauftrag verwechselt wird gegenüber denen, die zwar mehrheitlich Gender-Deutsch weder hören noch lesen möchten, aber trotzdem dafür zur Kasse gebeten werden.
Auf Kritik am Gendern erwidern Gender-Befürworter oft, dass das Gendern ja jedem freigestellt sei. Das ist grundsätzlich richtig. Die Moderatoren oder Kommentatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks können für sich persönlich diese Entscheidung zwar treffen, sie tun dies aber nicht für sich allein. Der Hörer oder Zuschauer jedenfalls hat diese Entscheidungsmöglichkeit nicht, er soll das angerichtete und von ihm bereits bezahlte Gender-Menü konsumieren, ob es ihm schmeckt oder nicht. Die Entscheidung, die ihm bleibt, ist, sich daran den Magen zu verderben oder die Gender-Küche zu verlassen und um- oder auszuschalten, auch dann, wenn das vergenderte Gericht ansonsten gehaltvoll, d.h., hörens- oder sehenswert ist. So kürzlich geschehen in einer wissenschaftlich fundierten Sendung zum Klimawandel, in der allerdings nur „Forschende“, aber keine „Forscher“ zu Wort kamen. Ich bin froh, dass ich in meinem früheren Berufsleben zu letzteren gezählt wurde.
Ich kann es nur so zusammenfassen:
Wider besseres Wissen darüber, dass sein Publikum mehrheitlich KEINE Gendersprache hören oder sehen will, erdreistet sich der ÖRR, dieses Publikum dennoch allmählich im Gender-Geist umzuerziehen, fast schon im Orwellschen Sinn. Ein Ausdruck von unglaublicher Respektlosigkeit und Arroganz bei gleichzeitiger Beitrags-Abhängigkeit.
„Bürgerinnen und Bürger“ – ICH KANN ES NICHT MEHR HÖREN!
Wie man es besser machen sollte, zeigt das Beispiel des regionalen Senders Radio MK für den Märkischen Kreis. Der Sender fragte unter diesem Link (https://www.radiomk.de/artikel/gendern-ja-oder-nein-was-sagt-ihr-dazu-1046651.html, der jedoch nicht mehr aktuell ist) seine Zuhörer, ob sie wollten, dass in seinen Sendungen gegendert werden solle. Von 1000 Befragten sprachen sich 90% dagegen aus („Das verschandelt die Sprache“), 7% waren dafür („Ja, das fördert die Gleichberechtigung“), 2% war es „egal“ und 1% fanden: „warum eigentlich nicht“, nachzulesen hier. Ein eindeutiges Votum dagegen.
An ARD, ZDF und Deutschlandfunk: BITTE NACHMACHEN, wenn ihr euch traut!
Mehr …
Öffentlich-rechtliche Besserwisser / Anne und die erste weibliche Frau