Veröffentlicht am 12. 12. 2021, aktualisiert am 24. 4. 2022.
Grammatikalisches (Genus, Plural: Genera) und biologisches Geschlecht (Sexus) sind nicht das gleiche. Ich gehe darauf an anderer Stelle noch ein. Die Einteilung der Genera in den verschieden Sprachen ist sehr unterschiedlich (a, b, c).
Das Deutsche kennt drei grammatikalische Geschlechter, nämlich „männlich“, „weiblich“ und „sächlich“ mit den Artikeln der, die und das. Die meisten romanischen Sprachen besitzen zwei Genera, aber es gibt auch Sprachen mit mehr als drei Genera. Auch Sprachen ohne ein Genus-System gibt es, z.B. Finnisch, Ungarisch und Türkisch, aber auch Japanisch, Indonesisch und Vietnamesisch.
Wenn das Genus einer Sprache, wie das männliche Genus im Deutschen, maßgeblich für unzureichende Gleichberechtigung verantwortlich sein sollte, sollte dieser durch Sprache hervorgerufene Effekt in Ländern mit Genus-freien Sprachen wegfallen. Das lässt sich anhand des jährlich erarbeiteten Global Gender Gap Reports überprüfen. Für 2021 lautet das Ergebnis:
Länder mit Genus-verwendenden Sprachen wie Deutschland (D), Frankreich (F), Portugal (P) rangieren nach diesem Bericht auf den Plätzen 11 (D), 16 (F), 22 (P) von insgesamt 156 untersuchten Ländern, während Länder mit Genus-freien Sprachen wie Finnland (FIN), Ungarn (H), Japan (J) und Türkei (TR) auf den Plätzen 2 (FIN), 99 (H), 120 (J), und 133 (TR) liegen.
Dass die Länder mit Genus-Sprachen im Durchschnitt hier nicht etwa hinter, sondern vielmehr vor den Ländern mit Genus-freien Sprachen rangieren, zeigt doch wohl eines:
Die Wirkung des Genus, also des generischen Maskulinums im Deutschen, auf die Gleichberechtigung der Geschlechter ist klar zu vernachlässigen, wenn überhaupt vorhanden. „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt …“ (Karl Marx, 1859).
Wie sonst ist zu erklären, dass Frauen in den vergangenen Jahrzehnten auf ihren Weg zu mehr Gleichberechtigung und gesellschaftlicher Anerkennung begrüßenswerterweise große Fortschritte gemacht haben, trotz der Existenz des generischen Maskulinums.
Wer glaubt, dass durch das Reden von „TechnikerInnen“ mehr Frauen technische Berufe ergreifen würden und dies durch patriarchale Strukturen in unserer Gesellschaft bisher behindert worden sei, demzufolge diese Strukturen dafür maßgeblich verantwortlich wären, der werfe einen Blick in „das patriarchale Russland und in den noch patriarchaleren Iran“. Dort „gibt es vermutlich mehr Ingenieurinnen als in ganz Westeuropa zusammen“ (leicht abgewandeltes Zitat von Werner Schandor). Woran auch immer das liegen mag, jedenfalls nicht am Gebrauch von gegenderten „-Innen“.
Die Grundschul-Lehrer in Deutschland sind überwiegend Frauen!